Arztwitze funktionieren deshalb so gut, weil sie bereits in der Ausgangssituation die Grundlage für komische Dialoge in sich bergen: Eine Person ist der Bescheidwisser, die andere Person ist in der Regel ein medizinischer Laie. Missverständnisse sind also vorprogrammiert und können in jede Richtung ausgebaut werden. Dabei geht es gar nicht so oft um die Komik, die durch das falsche Interpretieren von medizinischen Fachbegriffen entsteht – z.B. wenn ein Herr mit Angina im Bett liegt und damit einen Frauennamen assoziiert. Sehr viel häufiger benutzt der Arzt extra die Umgangssprache, um sich seinem Patienten verständlich zu machen. Dieser aber interpretiert dann prompt die Wortbedeutung so, wie sie seinem eigenem Lebensumfeld entspricht. Damit entfernt er sich ebenfalls von der ursprünglichen Aussage und stellt groteske Zusammenhänge her, die komisch wirken.
Ein weiterer Aspekt eines guten Witzes ist die Stärke der Verblüffung, die er auszulösen vermag. Je größer die „Fallhöhe“ vom bildungssprachlichen Gebrauch eines Wortes oder eines korrekt beschriebenen Vorgangs zu seiner profanen Deutung ist, desto größer ist die Verblüffung. Arztwitze liefern auch in dieser Beziehung perfekte Vorlagen, weil sich die Beschreibung von Krankheiten leicht auf allgemeine Zustände übertragen lässt. Oft ist sogar allein der Umstand, dass sich ein kritikwürdiger Zustand auch mit den Symptomen einer Krankheit beschreiben lässt, für den Hörer verblüffend. Er hat diesen Zusammenhang bisher einfach nur noch nicht selbst hergestellt.
Ein wesentliches Potenzial für Arztwitze steckt aber auch in dem Berufsstand selbst. Das allgemeine Verständnis vom selbstlos helfenden Doktor ist ein Klischee, dass hoffnungslos überhöht ist. Konfrontiert mit dem Alltagsleben bleibt von den „Göttern in Weiß“ in der Regel eben auch nur ein Mensch übrig. Arztwitze nutzen diese Situation vor allem in zwei Hauptrichtungen:
In beiden Fällen liefert der diesen Sachverhalten innewohnende Zynismus den komischen Sprengstoff. Denn der Arzt verdient in der Regel mehr als ein normaler Arbeitnehmer, und er identifiziert seine Patienten nicht anhand ihres Namens, sondern anhand ihrer Leiden.
Letztendlich nehmen Ärzte Witze über ihren Berufsstand nicht übel, denn sie sind eine der Sparten, die selbst die härtesten Witze über sich selbst macht.
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